Natur des Jahres

 

Kiebitz  – Vogel des Jahres 1996


 

Typischer Wiesenbrüter und ein Verlierer in der heutigen Agrarlandschaft
 


Noch Mitte des letzten Jahrhunderts bevorzugte der Kiebitz als Brut- und Rastplätze nasse und sumpfige Wiesen oder Weiden, Moore und Sümpfe. Parallel zur fortschreitenden Entwässerung dieser Feuchtgebiete besiedelten die etwa 30 cm großen Watvögel immer stärker auch Ackerflächen. Insbesondere Maisanbauflächen in den Auenlandschaften boten aufgrund des spät einsetzenden Wachstums scheinbar gute Brutplätze. Dies führte bis gegen Ende der siebziger Jahre zunächst zu einem Bestandsanstieg, so dass um 1979 ca. 200 Paare im Altkreis Dieburg brüteten. In der Folgezeit kam es aber zu einem dramatischen Bestandseinbruch. Dem Bodenbrüter wurde die Bodenbearbeitung der Ackerflächen während der Brutzeit von April-Juni allmählich zum Verhängnis. Nachgelege konnten in dem anschließend hoch aufgewachsenen Mais nicht mehr erfolgen. Hinzu kam ein stetiger Nahrungsmangel, seine Hauptnahrung Würmer und Insekten(-larven) nahmen durch die intensive Bewirtschaftung und die damit verbundenen Biozideinsätze kontinuierlich ab. Außerdem führen die Bejagung während des Zuges und in den Winterquartieren sowie die generelle Beunruhigung der Landschaft zu weiter anhaltenden Rückgängen im gesamten Mitteleuropa. Bei uns lassen derzeit nur noch 20-30 Paare ihre markanten Rufe während der Balzflüge vernehmen, meist in den letzten Feuchtwiesengebieten bzw. auf vernässten  Äckern.

Außerhalb der Brutzeit suchen Kiebitze bevorzugt Meeresküsten und Feuchtgebiete in Westeuropa, am Mittelmeer und in Nordafrika auf. Die ersten Vögel treffen bei uns meist im Februar ein und werden dann gelegentlich von späten Wintereinbrüchen überrascht. Schon ab Ende Juni sammeln sich Kiebitze zum allmählichen Abzug in die Winterquartiere. Einst wurden auch bei uns Zug- und Rasttrupps von über 1000 Kiebitzen gezählt, heute sind es meist unter hundert Vögel, die auf Feuchtwiesen oder freien Ackerflächen zu beobachten sind. Überwinterungsversuche sind in Hessen  große Ausnahmen.

 

Die Nester werden am Boden in Bereichen ohne Vegetation oder nur mit spärlichem Bewuchs und freier Sicht angelegt. Zu Büschen, Bäumen und anderen vertikalen Strukturen werden meist Abstände von deutlich mehr als 50 m eingehalten. Nur mit wenigen Halmen wird die Bodenmulde ausgekleidet, bevor meist im April/Mai die im Regelfall 4 kreiselförmigen Eier gelegt werden. Nach einer Bebrütungsdauer von ca. 4 Wochen schlüpfen die kleinen Jungen, die als typische Nestflüchter bald eigenständig auf Nahrungssuche gehen.

 

   
 

Wie können wir dem Kiebitz helfen?
Keine Bearbeitung von Feuchtwiesen von Mitte März bis Ende Juni. Keine Entwässerung oder Auffüllung vernässter Äcker in Auenbereichen und Überschwemmungsgebieten.

Melden Sie Kiebitzvorkommen zur Brutzeit an örtliche Vogelschützer oder die Naturschutzbehörden, Gelege können dann gesichert werden. Für Nutzungsausfälle wegen verspäteter oder gar ausfallender Einsaat, Bearbeitung oder Ernte können Entschädigungen gezahlt werden.

 


(Text: W. Heimer, Bilder: V. Heimer)

 

 

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